HACKESPITZETORSTRASSE Nordfassaden Navigation
KYO BBQ · ST OBERHOLZ · Patagonia · DUDU · ADONIS · CURRY 122 · FLEISCHEREI · TAIYO · GALLERIA ITALIANA · BURGERHOUSE · zu den Südfassaden
Berlin ist die Stadt der Kiezkultur. Schick in Charlottenburg. Trendy in Mitte. Familiär und fashionable im Prenzlauer Berg. Die Torstraße liegt zwar in Mitte, will sich aber nicht so ganz dem durchdesignten Casting-Chic der Kastanieallee, geschweige denn dem hochbepreisten Galerien-Glamour rund um die August- und Linienstraße fügen. Ebenso wenig dem touristisch überfüllten Oranienburger Straßengetümmel. Torstraße bleibt Torstraße. Ehrlich und direkt. Die Torstraße hat von jedem was und für alle was. Zugleich bleibt sie mit allerlei Bausünden, Sanierungsbedarf und vierspurigem Straßenverkehr ungeschminkt. Diese Ehrlichkeit befreit und lässt Raum für die Liebe zum Detail. Shabby Chic, Schönheit hinter Ruinen, graue Fassaden, bunter Kern: Die Torstraße ist wohl eine der vielseitigsten und polarisierndsten Straßen der Hauptstadt. Hier trifft der Alte Fritz auf „Muschi Obermeier“, die digitale Boheme grüßt den Waschsalon, russische Wodka-Trinkhallen begegnen brasilianischen Cocktail-Künstlern, vietnamesische Gemüsehändler bieten italienischen Feinkostfabrikanten die Nachbarschaft an und 24-Stunden-Döner machen französischer Finesse Konkurrenz. Alles kann, nichts muss. Vieles geht.
Hacke, Spitze, Torstraße nimmt die kulinarische Vielfalt der Torstraße ins Visier. Alle Straßenkombinationen werden mit vollem Einsatz, Kreativität und Kampfeswillen durchgespielt. Einmal rauf und wieder runter. Südseite, Nordseite. Los geht’s Ecke Chauseestraße, linke Seite, bis zum Rosa-Luxemburgplatz und wieder zurück. Jeder Laden bekommt seine Chance. Vorspeise, Hauptspeise, Nachspeise. Im Gepäck: ein leerer Magen, Gier auf neue Eindrücke, ein Fotoapparat.
Orientierungshilfe
Hacke, Spitze, Torstrasse wird laufend aktualisiert. Sobald eine neue Lokalität besucht wurde stellen wir einen Link über dem besuchten Haus auf der Fassadenseite ein. Du kannst wahlweise virtuell an den Nord- oder Südfassaden entlang schlendern und auf das gewünschte Haus scrollen oder über die obere Navigationsleiste direkt zum gewünschten Haus gelangen.
Klickst Du auf das Haus, gehst Du in das Lokal und damit in den Essay zum Lokal. Wir freuen uns über Kommentare, Tipps, Hinweise, Anregungen, Geschichten und über ein Wiedersehen auf der Torstrasse.
Tim Zuchiatti
Wolliner Straße 66
10435 Berlin
E-Mail: blogger@hackespitzetorstrasse.de
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Irgendwann war die Stunde gekommen: Schräg gegenüber vom Orient-Grill empfängt die Pendler zwischen Chaussee- und Torstraße seit einiger Zeit das „Burger House“. Plakatwandgroße Bilder nicht besonders liebevoll fotografierter schneller Gerichte umzäunen das Gelände dieser Location. Es grüßen: meterlange Spaghetti-Berge mit Tomaten-Topping, Rot-Weiß garnierte Pommes-Gebilde und natürlich Burger. Das ist nicht schön anzusehen und schränkt den Erwartungshorizont mächtig ein. „Immerhin ehrlich“, möchte man meinen. Dennoch hatte ich lange gezögert dorthin zu gehen. Es ist einer dieser Läden bei denen man sich nicht so richtig traut Freunde mitzunehmen. Da muss man ganz alleine durch. So auch ich. Also los!
Am Ende einer Reihe wuchtiger Holztisch-Holzbankkonstruktionen, die den Eindruck erwecken der Besitzer möchte im Sommer hier einen auf Biergarten machen, befindet sich die Speisestätte oder besser: Speisebude. „Herakles“ blinkt über dem Quaderbau. „Wie jetzt? Keine Burger? Griechisch? Gyros?“ Nö, nö, doch Burger. Egal jetzt, wie eigentlich alles hier. „Burger House Herakles“ ist ein hervorragender Name mit Theoriedebattenniveau.
Im Laden flunkern und flinkern die Lichter von drei Spielautomaten. Black Jack, American Poker und ein weiterer einarmiger Bandit warten darauf von zweiarmigen Banditen die Knöpfe gedrückt zu bekommen. Links davon: Vier Plastiktische mit drei Plastikstühlen und jeweils einer Blume, die vor dem unfassbar penetranten Fritteusengeruch schon kapituliert hat. Die Köpfe hängen tief im „Burger House Herakles“. In Blickrichtung: Die Theke samt Anzeigetafel. Es gibt Menüs die einen auf Franchising-Burgerbratstube machen, es gibt Nudeln ohne frische Zutaten aber mit „Piosciutto“ und es gibt Omelett bzw. „Rührei“ wie erklärend angeführt wird. Häh? Egal jetzt – dazu gibt’s „Radelberger“.
„Herakles“ rankt auf dem dunkelblauen T-Shirt das türkischen Jungburschen der hier den Chef de la Cuisine macht. Unmotiviert dreinschauend aber freundlich nimmt er mich in Empfang und lässt mich gleich wissen, dass ich – als einziger Gast – den Fernseher - der sich akustisch mit den Daddelkisten nebenan duelliert - gerne auch umschalten darf. Sehr aufmerksam ist das. Ich nehme gerne an und zappe von Pro7 zum Ersten: „Wahlen in Sachsen-Anhalt“. Dazu wird endlich gegessen.
Anfang: Tomatensuppe
Was Gesundes, Fruchtiges soll es zu Beginn sein: Tomatensuppe (2,50 Euro). Das Bild über dem Tresen lässt mich wissen, dass es sich bei Tomatensuppe voraussichtlich um eine rote Speise handeln wird. Wie zubereitet, mit welchen Zutaten verraten mir die Burger-Buben nicht. Sowieso: „Könnte knapp werden, ich weiß nicht, ob es reicht“, sagt der Bube hinter dem Tresen, zögert zwei Minuten, lässt mich zögern und offenbart dann „aber ich krieg das hin.“ So so. Parallel zum Hauptgericht serviert er mir dann ein immerhin rotes eine großen China-Porzellan-Suppentasse ausfüllendes Gesöff, das den Geschmacksnerven sehr direkt signalisiert wie der Herakles-Hase läuft. Es ist scharf. Und ja, es ist rot. Es ist nicht tomatig. Und es ist schon gar nicht fruchtig. Es ist schrecklich. Aber ich kämpfe mich durch. Löffel für Löffel. Die Mundwinkel brennen, die Zunge verknotet, der Gaumen verliert seine Identität. Ich muss husten, unterdrücke zu würgen oder zu keuchen. Ich kämpfe. Tapfer. Torstraße galore! Man muss so etwas auch einmal erlebt haben, um zu wissen was gut ist.
Dennoch:
Lieber Herr Herakles, bitte nehmen Sie diese Suppe aus dem Programm und bitte sagen Sie nie wieder ich kriege das hin. Das spiele ich sogar noch lieber American Poker II oder gebe Ihnen Trinkgeld. Ihr Burger-House wird diese Straffung der Produktpalette vertragen. Gewiss. Und dies viel besser als die Kunden Ihre Suppe.
Mit freundlichen Grüßen.
Mitte: Cheeseburger Big Menü (mit Pommes rotweiß und Getränk)
Auch wenn das Bild am Zaun mich nicht überzeugt hat: Im Burger House gibt’s Burger. Basta. Wo kommen wir denn da sonst hin. Man soll halte was man verspricht. Cheeseburger Big mit Pommes Mayo (5,20 Euro) sollen es sein. Als Menü. Immerhin ist es bei Herakles günstiger als bei den amerikanischen Konkurrenten. Es erwartet mich lupenreine Tiefkühl-Fertigkost.
Die Zubereitung ist leicht erklärt: Man öffne das Gefrierfach mit den großen runden Fleischplatten. Man entnehme eine und werfe diese das heimliche Herz des Ladens: die Fritteuse. Man toaste parallel das Sesam-Brötchen auf und garniere es danach unten mit einer Scheibe Eisbergsalat, zwei Scheiben saure Gurke und einer halben Scheibe Tomate. Für oben bestreiche man die Innenseite des Brötchens mit Mayonnaise und lege die Scheibe Cheddar-Käse obenauf. Wenn die Fritteuse Vollzug angemeldet hat, entnehme man den Hack-Bratling lasse ihn kurz abtropfen, packe ihn auf die Unterseite des Brötchen, pappe die Oberseite darauf und fertig ist der „Cheeseburger Big“.
Der einsame Angestellte beherrschte diese Handgriffe gut. Der Burger ist gut durchgebraten. Die Pommes sind kross. „Und wenn Du noch mehr Mayo oder Ketchup willst, sag einfach Bescheid“, bittet er mich. Immerhin. Danke. Geschmacklich taugte das Ganze noch nicht einmal für ein Saufgelage. Das ganze Menü lieferte keinen einzigen Grund es noch einmal zu ordern. Es schmeckte alles andere als frisch und alles andere als saftig. Es ist noch nicht einmal würzig. Es ist schlimmer als jeder Banditen-Burger dieser blöden Ketten. Und das ist schlimm. Denn eigentlich stehen Charakter-Burger hoch in meiner Gunst. Aber dieser hier hat keinen Charakter oder wenn er einen hat, dann hat er einen schlechten. Von dem kleenen Herakles möchte ich dies gewiss nicht behaupten. Er fragt nett ob es geschmeckt hat, ich nicke schüchtern. Zwischendurch fragt er mich, ob er vielleicht die Tür öffnen soll, da es hier so nach Fett riecht. Ich verneine und nehme stinkende Klamotten in Kauf, denn schließlich ist es kalt draußen. „Besser schlecht riechen, als krank werden“, dachte ich mir. Soweit war es zu diesem Zeitpunkt schon gekommen.
Ende: Christinen Brunnen
Nachtisch gibt´s nicht im „Burger House Herakles“. Nicht einmal verpacktes Eis. Das hätte ja schon noch hierhin gepasst. Auch ein Hochprozenter ist nicht im Angebot. Nach dem zweiten Löffel Tomatensuppe war also klar: dieses Wasser, das Teil des Menüs war, muss bis zum Ende der Session halten um kräftig nach- und durchzuspülen und um das Sonntagsessen der masochistischen Art rasch Geschichte werden zu lassen. Da es eine besonders kohlensäurehaltige Variante war, prickelte es gut und fräste sich konsequent durch die Kartoffel und Hackklötze die in meinem Magen polterten. Immerhin. Auf die Wasserindustrie ist noch Verlass. Ich habe mich selten so auf einen Schluck Christinen Brunnen gefreut.
Ich hatte es ja schon mehrfach erwähnt – das Süd-Nord-Gefälle auf der Torstraße: Während hinter den Südfassaden oft leicht bekömmliche, klug kombinierte und innovativ zubereitete Kost wartet, setzt der Norden – abgesehen vom Dudu – meist eher auf einfache Speisen sowie auf Preis- statt auf Qualitätsargumente.
Die Galleria Italiana versucht dies zu nun zu ändern. Sie hat dafür vor ein paar Wochen den indischen Imbiss „Fad Sher No. 5“ verdrängt, der es nun leider nicht mehr in die Hall of Fame dieses Blogs schaffen kann. Leider konnte auch nicht geklärt werden, was diese mysteriöse 5 im Namen nun bedeutet. Egal. Von gestern. Willkommen in der Galerie!
Einfach dekorierte Holztische laden im Freien zum Verweilen ein. Eine große Tafel vor dem Eingang verrät die drei Gerichte des Tages. Diese ergänzen die aus Pizza, Pasta, Fleisch, Fisch, Desserts, Suppen und Antipasti bestehende Karte. Ein paar Schritte weiter auf einer kleineren Tafel steht die Dessert-Auswahl: Cassata, Tartufo, Tiramisu, Panna Cotta. Das Interieur des kleinen quadratischen Innenraums mit Frische-Theke, Wein-Regal und vier Tischen erinnert an eine dieser beschaulichen Wein- oder Antipasti-Bars italienischer Kleinstädte mit dem Sinn für das Wesentliche und dem Gespür für Qualität.
Um das Qualitätsniveau hoch zu halten, habe ich als Verstärkung meine Lieblingstheaterkritikerin Elena mitgenommen. Mit ihr ist das kulinarische Vagabundieren über die Torstraße ein großes Vergnügen. Da kann auch die vierspurige Straße, das Gehupe und Geschepper der Autos an diesem Tag nichts ändern. Das wird wiederholt.
Die Dame des Hauses erweist sich als herzliche Gastgeberin. Sie scheint sich zu freuen, über Gäste die zum Schlemmen und Probieren gekommen sind und die sich nicht mit nur einem Gang begnügen wollen. Man hat es nicht leicht hinter den Nordfassaden. Während sich gegenüber im Themroc, Toca Rouge oder Spaghetti-Western die Reserviert-Kärtchen die Hände reichen, hat man in der Galerie auch ohne Reservierung meist Platzgarantie.
Das spärliche Publikum ist gemischt und angenehm unszenig. Wir sitzen neben einem sich anschweigenden Paar und einer zufrieden ausschauenden Allein-Esserin, die sich am Treiben auf der harten aber herzlichen Torstraße erfreut. Ab und zu kommt der Koch auf eine Zigarettenlänge aus der Küche. Das wirkt heimelig, vertraut, authentisch.
Um uns auf den Geschmack zu bringen, gibt es zum Einstieg ein Schälchen Oliven. In ihrem hellen braun erinnern sie mich zunächst an dragierte Erdnüsse und an Zeiten in denen die „M&Ms“ noch „Treets“ hießen. Der Geschmack manövriert uns dann aber erneut zurück in eine dieser kleinstädtischen Cucinas, runter von der Torstraße. Das macht Lust auf mehr und vor allem: Lust auf Wein.
Während Elena auf ein Glas Vernaccia di San Gimignano (4 Euro) setzt und dieser Sorte prompt eine schlanke Statur bescheinigt, lasse ich mich von klangvollen Namen leiten und setze auf die „bauchigere“ (E.), günstigere Variante (3 Euro): Catarrato. Oder um es mit unser charmanten Bedienung zu sagen: Ca – ta – rrrrrrra – tooo. Allein diese Aussprache ist den Besuch wert und animiert dazu, sich schon nach dem ersten Schlückchen den Namen noch einmal sagen zu lassen und natürlich nach dem ersten Glas gehörig nachzuordern. Als kulinarische Verlängerung der Oliven gibt’s danach einen kleinen Antipasti-Teller (7 Euro). Es erwies sich als gute Wahl hierbei gemeinsame Sache zu machen, denn der Teller ist – obwohl er sich klein nennt – viel reichhaltiger als erwartet. So erfreuen wir uns zwischen Wortwitz und Sprachspielen an würziger Salami, Melone mit Prosciutto, Zucchini-Scheibchen, Auberginen-Happen, Paprika-Streifen. Einzig der komisch süße, gezuckerte Rucola-Berg sorgte für ein wenig Verwirrung, als wir eigentlich schon längst die die Gastro-Kritiker-Ebene verlassen hatten und zwischen Olio, Peperonicis und gutem Brot bei fränkischen „R“-Lauten (siehe „Catarrato“) und hanseatischen „S“-Klängen gelandet waren. Trotzdem: „ßpitzen-Einßtieg!“, da waren wir uns einig.
Nudeln sollen es heute sein. Elena setzt auf mit Salbei und Spinat gefüllte Ravioli in grün und teigfarben (9,50 Euro). Ich entscheide mich für die hausgemachten Tagliatelle mit Scampi, Cherrytomaten und Knoblauch (9,50 Euro). Nachdem der kleine Antipasti-Teller bereits alles andere als klein war, erweisen sich auch diese Portionen als üppig.
Ein Berg frischer sehr guter Tagliatelle türmt sich in der Mitte des rustikalen Porzellans italienischer Schule, darum gruppiert befindet sich ein Grüppchen groß gewachsener Scampi neben einer Hand voll Cherrytomaten. Rote Finger bleiben angesichts des Scampi-Knibbelns nicht aus. Auch der Verzehr der üppigen Soße erfordert schon einige Tischmanieren, um nachher nicht mit Spaghetti-Mund und roten Flecken im Hemd dazustehen. Alles ist superfrisch und gut zubereitet. Mir persönlich ist die Soße etwas zu süß geraten, etwas pikanter hätte es gedurft. So knabbere ich brav meine Scampi, tunke sie dezent in Soße, rolle sie in Nudelkringel und mische sie mit Tomatenhälften. Als ich alle Krustentiere verzehrt und den Berg Nudeln zur Hälfte abgetragen habe, kapituliere ich. Es hat geschmeckt, aber es muss noch Platz für den Nachtisch bleiben. Das sieht auch Elena so. Sie wünscht sich Tartufo – wer kann da schon nein sagen. Wir teilen erneut, denn wir sind eigentlich schon satt.
Pizzo heißt die schmucke Küstenstadt in Kalabrien, die sich damit rühmt das gute Tartufo-Eis erfunden zu haben. Auf einem über der Steilküste angesiedelten alten Marktplatz reiht sich in Pizzo Lokal an Lokal. Alle wollen nur eines: Das Tartufo-Eis im Mund eines jeden Besuchers verschwinden sehen. Jeder hat natürlich die beste, exquisiteste, originalste Kaltspeise. Ein lustiges Szenario. Eine schöne Erinnerung an meinen letzten Kalabrien-Trip. Das Tartufo-Eis in der Galerie war das erste nach dieser Reise. Es schien mir vermessen, es mit dem Pizzo-Eis zu vergleichen. Doch die Berliner Version des Vanilleeis im Kakaomantel, mit Schoko-Kern und umzingelt von Eierlikör-Spritzern wusste durchaus zu gefallen. So eilten unsere langen Löffel im guten Rhythmus in die diesmal eher kleinformatige Nachspeise. Die Mundwinkel wurden sorgsam nachgesäubert, die Löffel akribisch von Eisresten befreit, selbst der Eierlikör wurde weggenascht. Am Ende blieben kaum noch Spuren auf dem Teller und es blieb die Erkenntnis, dass Berlin trotzdem nicht Kalabrien ist und es von der Galerie bis zum Marktplatz in Pizzo noch eine Weile braucht. Dennoch war es ein schöner süßer Ausklang. Allzu gerne hätte ich mir den Löffel geschnappt und ein paar Eiskleckse rüber Richtung Südfassaden geschnippt um den Gästen des Themroc zu zeigen, dass gegenüber auch was geht – nicht täglich, aber bestimmt einmal wieder. Etwas angeschwipst von Catarrato und Vernaccia di San Gimignano ließen wir uns auf die Limoncello-Offerte unserer sympathischen Gastgeberin ein, plauderten noch ein wenig mit dem Koch und bedankten uns bei der Galerie-Betreiberin und untereinander für den schönen Abend.
Hauptstadt trifft Hauptstadt. Zumindest gibt sich der Laden mit den drei Buchstaben und den mindestens dreimal so viel Bediensteten ein hauptstädtisches Flair. Tokyo. Kyoto. Es geht um Japan. Es geht um KYO, das wiederum „Hauptstadt“ heißt. „Das modern elegante KYO greift die Ideen der urbanen Umnutzung traditioneller Orte auf“, schreiben die Macher in ihrem Konzept, das die reichhaltige und mit allerlei Bildchen versehene laminierte Speisekarte eröffnet. Aha. Weise Worte. Der erste urbane Eindruck bestand dann eher darin, in einem Art Show-Room für die Küchennutzung japanischer Art gelandet zu sein. Denn das Herz des KYO pocht in keinem versteckten Kämmerlein sondern an den Koch- und Grillstellen, die sich inmitten des riesengroßen und dadurch vergleichsweise gering bevölkerten Lokals mitsamt Dunstabzugshaube und Rohren befinden. Schwarz gekleidete Zeremoniemeister bearbeiten Kochflächen und offenes Feuer und stellen ihre Kunst zur Schau. Feinfühlige Japanerinnen rollen, kneten und komponieren Sushi-Variationen, hinter der Fisch-Auslage. Und eine Horde einheitlich gedresster Bediensteter mit „K“ auf der Stirn - Samurai-Style - schlägt die Brücke zwischen Kochstelle, Kunde und Speisekarte. Alles ein wenig einheitlich und dadurch kühl und pragmatisch konzipiert, was auch die mint-grünen und orange-farbenen Wände nicht mindern konnten. Irgendwann komme ich mir vor wie in einem japanischen Roulettespiel in dem man vom Tisch aus ständig in die Mitte blickt, seine Gedanken von Zeremonie zu Zeremonie gleiten lässt, um dann natürlich aus dem Bauch heraus zu entscheiden wo man seinen Jeton bzw. seinen Essenswunsch platziert. Das Risiko scheint gering. Die Zeremoniemeister haben ihr Handwerk im Griff. Alles frisch, alles transparent zubereitet und zwischen den dampfenden Moves noch immer ein Lächeln parat - da kann ich spontan nichts gegen haben. Hinzu kommt unsere durch und durch lässige Bedienung, eine junge Japanerin, so um die 28, die mit ungewohnter Kühle, eher verschmitztem Zwinkern, aber dennoch mit Herz und Interesse an unseren kulinarischen Vorstellungen die Hemmungen minimiert und das Bauchgefühl stärkt.
Die Bedienung hat mein Vertrauen früh gewonnen. So setze ich auf ihre Empfehlung hin in Runde 1 auf den „gelben Cocon“, was im KYO für marinierte Victoriabarschstücke mit Wasabi-Mayonaise-Dip in einem hauchdünnen Kartoffel-Cocon steht. Einsatz: 3,90 Euro. Der Name allein klingt schon so geil, dass Herz, Kopf und Bauch gemeinsam in den Chor der Überzeugung einstimmten. Und sie behielten Recht. Das ganze, schön knusprige Konstrukt mit zartem Kern braucht kein Besteck, sondern wird auf einem Salatblatt in den Mund befördert. Dort gelandet, entfaltet sich ein zartes Esserlebnis mit einem Touch Wasabi, der nach meinen Vorstellungen noch einen Tick härter hätte sein können. Aber auch so wird dem Gaumen so einiges gegeben. Das Herz schreit nach mehr, die Stimme versagt, weil der Rotbarsch noch eine Weile auf der Zunge tänzeln will, der Bauch aber will Nachschub. Neuer Einsatz, neues Glück. Unersättlich. Als ob nicht schon genug gewonnen wäre. Während des Wartens auf die neue Beute bleibt schließlich ja noch genug Zeit, um mit spitzer Zunge noch ein paar Knusperkartoffelfitzel aus den Backenzwischenräumen zu fischen oder per angefeuchtetem Finger noch einige vom Vorspeisenteller aufzulesen. Das Spiel hat mich längst gepackt. Mehr. Mehr. Mehr. „Herr Zeremoniemeister, bitte übernehmen Sie“.
Kushiyaki macht das Rennen. Die Tepayaki-Grillplatten müssen hinten anstehen, ebenso die Sushis, die es ohnehin schon viel zu oft auf der Torstraße gibt. Zwecks Risikodiversifizierung setze ich auf die Variationen. Der Jeton wandert zum Zeremoniemeister an der offenen Flamme auch wenn der Kochplatten-Samurai bei seinem Balancieren und Garen von Jakobsmuscheln schon einige Props eingefahren hatte. Für moderaten Einsatz (11,80 Euro) feuert der Meister gleich sechs kleine Spieße für mich an, parallel säuselt The Cures Robert Smith „Spiderman is having you for diner tonight“ um nach Songende aber dann von weitaus passenderem Lounge-Geplänkel abgelöst zu werden: CheesMaki (Rindfleisch-Käse), Tori (Lamm), Ebi (Garnelen), Sake (Lachs), Tsukune (Hühnerfleischbällchen) und einen honiggetränkten Hächnchenspieß lässt die coole Kellnerin vom Spieltisch zum Esstisch sausen. Dazu separat eine Schale Reis und einen eher unpassenden Krautsalat, der wohl dem BBQ hinter dem Namen KYO geschuldet ist. Den lasse ich beim nächsten Mal weg. Die Spieße setzen Akzente. Jeder auf seine Art. Jeder ganz individuell mariniert. Platz 1 geht auf jeden Fall an die Garnele mit dem herrlich scharfen Gewürz, bei dem aber auch der Eigengeschmack nicht verloren ging. Platz 2: die Lamm Variation. Das hier vermutete hohe Risiko wurde mit einer guten Konsistenz und einer eigenwilligen Marinade für nichtig erklärt - nur etwas länger warm hätte es bleiben können. Überraschungsdritter wurden die Hähnchenbällchen, auch hier beförderte die individuelle Würze den Spieß aufs Treppchen. Die Rote Laterne hingegen geht an den Lachs. Der war mau und nicht so würzig, gehört aber ohnehin auch nicht zu meinen Leibspeisen. Zum Vorwärmen gabs vorher noch eine Miso-Suppe, die ein wenig algig schmeckte, Tofu-Stückchen ihr Eigen nannte, aber eher vernachlässigenswert war. Besser zum BBQ hätten einige Saucen gepasst, die sich ein wenig von der zusätzlich gereichten Sojasaucenreduktion, hier als Grillsauce betitelt, abheben. Das war ein wenig zu viel Soja, zusätzlich etwas Fruchtigeres hätte ich mir deutlich lieber einverleibt. Aber es sollten noch Früchte folgen.
Da keine exotischeren Exponate zu finden waren, fiel die Wahl auf diesen eher klassischen Kandidaten. Die Erwartungen waren nicht allzu groß, die Jetons bisher erfolgreich platziert, so dass nichts mehr zu verlieren war. Das einzige Risiko bestand in der Gefahr der Mittelmäßigkeit. Diese verflüchtigte sich schon bei der Ankunft. Sternenförmig drapiert und mit überknuspriger honigbetupfter und krokantumsäumter Hülle kamen die drei Bananenhälften daher, so gut wie ich sie – glaube ich bislang noch nicht gegessen habe. In der Mitte: eine Kugel Bourbon-Vanilleeis zum Ablöschen und Vermischen. Ein wahnsinniges Finale, das viel mehr halten konnte als es zu versprechen wagte. Mit 4,50 Euro war es nicht das billigste Vergnügen, aber da legt man für die Art der Zubereitung gerne mal eine Schüppe drauf. Schnell schüppte ich Banane, Eis, Eis-Banane samt Honigspuren in mich hinein und leckte mir fortan die Finger danach. Die Fertigung dieses feinen Leckerbissens, konnte per Live-Küche leider nicht erspäht werden. Es bleibt ein japanisches Hauptstadt-Geheimnis. Um es zu lüften muss die heimische Küche her, denn auch Miss Supercool rückte nicht mit dem Rezept raus – oder ich komme wieder, sobald ich die Torstraße durchgespeist habe und analysiere genauer…Fortsetzung könnte also folgen.
Die Nordseite der Torstraße ist die unglamourösere. Das belegt auch ein Besuch im Restaurant „Taiyo – sushi and warm food“, Hausnummer 176. Offenbar ist es auch die Seite der übergroßen Speisekarten. Wie schon im Patagonia – ein paar Schritte weiter hoch – empfangen den Besucher hier malblockgroße mit allerlei Fotos, Menüs und Angeboten bestückte Mehrseiter, die so gar nicht zu dem ansonsten eher pragmatisch daher kommenden Laden passen. Man fühlt sich wie bei der Thai-Massage um die Ecke. Seichte Musik, freundlich lächelndes Personal, asiatischer Schnickschnack an der Wand, Buddhas und eifrig winkende Plastikkätzchen auf dem Tresen. Das ist nicht schlimm, sondern glaubwürdig. Es muss ja auch nicht immer der, alle Design-Proseminare durchlaufene, Style eines Toca Rouge sein. Stattdessen: Lederbezogene Stühle aus dem Möbelgroßhandel, um Tische aus dem Möbelgroßhandel gruppiert, Warsteiner Bierdeckel und eine Kerze für jeden.
Das Publikum ist eher schlicht als stilvoll. Neben meine persönliche Agentin Aneta und mich gruppieren sich zwei Glatzköpfe mit Army-Hose und dicken Oberarmen, auf der anderen Seite des Raumes findet sich ein Studentenpärchen zum samstäglich preiswerten Außer-Haus-Essen ein. Das Personal ist klassisch freundlich. Allerdings legt unsere Bedienung überraschend schnell ihre Maske ab und begegnet uns kompetent aber rau, was gewiss nicht an uns lag. Am meisten zu tun hat das vierköpfige Team mit den eingehenden Bestellungen. Bei Sushi-Menüs greift das Nordseiten-Publikum offenbar gerne mal zum Hörer und lässt sich Nigris, Makis und Konsorten nach Hause chauffieren.
Für Selbstabholer oder Inhouse-Esser ist es allerdings günstiger. „Happy Hour! 50 Prozent Rabatt!“, verkündet die Karte, ganz wie im Patagonia. Und – Überraschung, Überraschung – „Happy Hour ist immer“, lächelt die sonst eher schroffe Bedienung uns zu. Wieso dann schon wieder „hour“?. Egal. Wir wollen uns die alltäglich gute Stimmung nicht versauen und bestellen los. Hunger ist menschlich und „happiness is a warm gun“.
Von Tiefstpreis-Theorien lasse ich mich ja so gar nicht beeindrucken. Ich bin kein Sushi-Freund, deswegen muss die nicht rabattierte klassische Asia-Kost in die Schüssel und auf den Teller. Den Auftakt macht die Tom Ka Gai Suppe mit Huhn (2,80). Grob geschnitztes Hühnerfleisch mit Kokosmilch, schmalen Champignons, Laoswurzel, Zitronengras und ein wenig Koriander. Eine solide Mischung, die sich vor den Originalen in Khao Lak oder Ko Phangan nicht verstecken muss. Ein schönes Entrée, mit wärmender Wirkung und genügend Schärfe. Auf Suppe kann man hier setzen. Wir bleiben sitzen und happy.
Ente Kross (6,60 Euro) ist glaube ich das asiatische Pendant zum Schnitzel „Wiener Art“ in mitteleuropäischen Urlaubs-Hot-Spots. Es ist auf jeder Karte zu finden und nahezu in jedem Land. Kommt Karl oder Theo aus Herne an die Costa Blanca, Costa Brava oder nach Rimini wird er in dieser Hinsicht nicht enttäuscht werden. Im Restaurant Taiyo ist „Ente Kross“ die einzige (!) der gefühlt 150 Speisen die nicht original bezeichnet wird. Während sich ringsum auf der Karte erst immer der Originalname und dann die deutsche Übersetzung zueinander gesellen, steht „Ente Kross“ für sich. Keine Erklärung. Keine Übersetzung. Zwei Worte. Eine klare Botschaft.
Ich entscheide mich nicht aus Mangel an wohlklingenden Alternativen dafür, sondern weil mir einfach danach war. Die Ente kommt dann auch megakross, aber sie kommt in Kokosmilch samt Würzpaste schwimmend. Dazu eine kleine Reispyramide mit dessen Bestandteilen ich im Verlaufe des Abends versuche, die Kokosmilchfluten in den Griff zu kriegen. „Ist ein bisschen viel Soße“, erläutert die vietnamesische Bedienung. Schon klar, „Enten müssen schwimmen“, denke ich mir und jage die Gabel in die krosse Hülle der Entenfleischfitzel, dass es vor lauter Kokosmilch nur so spritzt. Es schmeckt trotzdem. Ich mische Soße mit Ente mit Reis mit Sambal Oelek, sauge zwischendurch begierig an meinem herrlichen Milchshake (2,40 Euro) mit frischem Apfel und Pfefferminze – straight aus der Miele-Küchenmaschine – und bin rundum happy und irgendwann auch rundum satt. Krass kross dieses Mahl. Kross lecker.
Eigentlich sollte ich den Nachtisch zur Vorspeise machen. Da bin ich schon pappsatt und dann immer noch diese Schüppe drauf. Die Geschmacksnerven leiden bereits am Erschöpfungssyndrom, der Glutamat gefüllte Magen rebelliert. Dennoch: Nachtisch muss sein. Dann wenigstens exotisch, denke ich mir und ziehe die Moon Cakes (3,20 Euro) der gebackenen Banane und dem Karamell-Pudding vor. Allein schon der Anblick lohnt sich. Wie noch nicht ausgewachsene Germknödel begegnen mir zwei runde Küchlein. Der eine grün, der andere weiß. Der grüne warm, der weiße kalt. Beide gefüllt mit roter Bohnenpaste. Diese wiederum wurde so durch Zucker ergänzt und in Honig getunkt, dass vom eher herzhaften Bohnengeschmack gar nichts mehr übrig blieb. Allein die Konsistenz blieb erhalten, aber darauf kommt es hier ja auch an. Schließlich soll es Nachtisch sein und Nachtisch ist in der Regel süüüüß. Der grüne, warme war dabei deutlich leckerer als die kalte Kost. Die Gebilde from outer space sind beide zusammen vor allem ganz schön manschig. Der widerstandsfähige Teig ist mit einer einfachen Kuchengabel gar nicht so leicht in den Griff zu bekommen. Allerdings ist es eine Bohnenpaste in Germknödelhülle die ich in dieser Form noch nicht gegessen hatte. Der Name Moon Cake scheint in Sachen Exotik durchaus berechtigt. Ob es auch schmeckt? Das sollen die auf dem Mond entscheiden. Für Erdenbürger ist das zuckerhaltige Bohnengemisch durchaus mal eine Reise wert. Für mich war es eine eigentümliche Erweiterung meines geschmacklichen Kosmos. Einmal probieren, reicht aber auch aus. Einmal Taiyo reicht mir auch.
Plastiktische auf Waschbetonplatten. Chromsitze mit Bastsitzflächen. Auf den Tischen: per Clipart gestaltete Dessertkarten. Angebotsflyer. In den Fenstern des Lokals: Plakate. „Probierangebot: mehr als 50 Prozent reduziert…“. Soll das Patagonien sein? Das Patagonien der Torstraße ist billig, kühl, umzingelt von Waschbetonfassaden. Ab und zu, so scheint es, wagt sich ein Bewohner aus seinen vier Wänden weg von der Flimmerkiste, raus auf die Straße, auf nach Patagonia um dort eine Pizza für 3,90 Euro zu ordern und diese neben der heimischen Fernbedienung zu verputzen. Patagonia ist ein Schurkenstaat. Verantwortlich für die vielen Flyer die täglich in den Briefkästen Berlins landen. Angebote, Angebote, Angebote. Alles reduziert. Nicht nur heute. Immer. Was soll dann überhaupt der Vollpreis? Im Patagonia jedenfalls wurde der durchgestrichene Preis gleich mit auf die Karte gedruckt. Zwecks Lesbarkeit. Man will ja keine Missverständnisse aufkommen lassen. „Pizzeria. Steakhouse. Cocktailbar.“ Patagonia will alles können. Für jeden soll was dabei sein. Deswegen hält die Karte locker über 100 Gerichte parat. Der Kellner, der den Außenbereich und auch den tristen 60 Leute fassenden aber nur mit drei Gestalten gefüllten Innenbereich des Waschbetonbasements bewirtschaftet, hat mit Patagonien nix am Hut. „Chef aus Patagonien“, antwortet er mit südeuropäischem Akzent auf die Nachfrage. Ein Ackerer, einer der alles weg macht, schon mal fünfe gerade sein lässt und Pragmatismus vor Liebe zum Detail und Herzlichkeit stellt. Das passt zur Gesamtatmosphäre. Hauptsache man wird satt und nicht allzu arm dabei. Und was fürs Auge kriegt man ja ohnehin genug woanders in Berlin. „Non, Nee, No!“, springt mir auf einem Plakat der DKP zur Europawahl ins Auge. Ein Aufruf. Noch kann ich fliehen, aber ich schließe die Augen für einen Moment und bleibe. Das Spiel lässt keinen anderen Schluss zu. Der Blog als Selbstversuch. Ich in Patagonien. Mein Sonntagsessen. „Füllung is next“.
Ganz gemäß der multikulturellen Atmosphäre in Patagonia entscheide ich mich für den italienischen Einstieg. Minestrone. 3,87 Euro war gestern verrät mir die durchkreuzte Zahl. Nun auf sensationelle 2,50 Euro runter gepreist. Ja ja, die Finanzkrise macht auch vor den Toren Patagoniens keinen Halt. Die Suppe kommt mit einem Schwung Pizzabrötchen die mir aus meiner Dorfjugendzeit, wo die Nummer des heimischen Pizzalieferanten an jeder Pinnwand heftete, noch bestens bekannt sind. Brokkoli, Möhren, Blumenkohl aus Frostas Tiefkühltüte mischen sich mit einer über die Ränder des weißen Geschirrs schwappenden Tomatensuppe und mit einer guten Dosis Chili. Das ganze schmeckt nicht besonders, aber auch nicht so schlimm wie erwartet. Also: weglöffeln und Klappe halten. Die Aussicht auf Autoverkehr und Waschbetonwände genießen. Für die Werbepause von Deutschland sucht den Superstar reicht das allemal. So billig kann man es kaum selbst machen, höre ich sie alle nuscheln, die Schurken. Wohlfahrtsstaat Patagonien.
Wenn schon südamerikanische Wurzeln angedeutet werden, darf im Schurkenstaat Patagonia natürlich keine schnöde Pizza folgen, sondern Steak. Wobei jedoch bei dem Gericht zunächst nicht ganz klar war, was mich denn nun erwartet: Rostbraten oder Rumpsteak. Nur der Preis war eindeutig: 7,90 Euro – von 13,78 reduziert, für immer und ewig, aber ohne Salatbeilage. Die wäre extra. Als das Gericht dann kam, blieb die Frage was es denn nun ist weiter offen. Immerhin war es Rindfleisch. Klar wurde, dass die patagonischen Protagonisten eher auf die Preis- als auf die Qualitätsstrategie setzen. Unter der Schicht verbrutzelter Zwiebelberge verbarg sich ein zähes Stück übermäßig durchgegarten teilweise schwarzen Rindfleischs, dessen Verzehr zu einer großen Herausforderung wurde. Wo überhaupt kann man das Messer ansetzen, wo lässt sich das gute Stück schneiden, wo beißen, wie kauen? Ein Grauen. Ich gab bei der Hälfte auf, speiste mich von den Zwiebeln - unter die sich auch schon mal ein Maiskorn mengte - und von den wenig gebratenen Bratkartoffeln - unter denen ich auch schon mal eine Pommes heraus angeln durfte. Die Fertigcocktailsauce samt Salatblatt ließ ich ebenfalls liegen. Auf die Zwischenfrage ob alles okay ist und mein Murren, dass das Fleisch doch reichlich schwarz geraten ist, blinzelte Mr. Patagonia nur kurz gütig, flüsterte „ja ja, der Grill“ und wandte sich wieder seinem vielseitigen Betätigungsfeld zu. Ob´s geschmeckt hat, fragte er am Ende nicht mehr. Der ehrlichen Antwort wusste er galant zu entgehen. Die Reste auf dem Teller nahmen diese ohnehin schon vorweg. Ganz grausam.
Wennschon, dennschon. Nicht aufgeben. Die dritte Etappe des Selbstversuchs wollte noch genommen werden. Tartufo – frisch aus der Bofrost-Box. So schnell zubereitet wie ich es noch nicht einmal bestellen konnte. Einmal in der Mitte durchgeschnitten. Ein Stück auf die linke, eins auf die rechte Seite, ein wenig Schokosauce drüber. Fertig. Das Fertigeis schmeckte ganz anständig. Es war das Highlight der drei patagonischen Gänge, wenn man hier überhaupt von Highlight sprechen darf. Mit knallhart durchkalkulierten nicht reduzierten 3,60 Euro war es immerhin aber auch fast so teuer wie eine ganze Pizza Diavola, von den in der Zwischenzeit bestimmt 20 auf die Berliner Straßen geschickt worden sind. Schokopulver trifft Vanilleeis trifft Kirschkern trifft Sauce. Eine gute Kombi, auf deren Entwicklung die preisbewussten Betreiber aber auch keinen einzigen Gedanken verschwendet haben. Zur Aufhellung meines mürrischen Gesichtsausdrucks verabreichte mir der Kellner noch zum Abschied einen eifrig in ein Ramazotti-Glas gewuchteten Schuss Billig-Grappa. Puuh. Den gab es sogar aufs Haus. Der musste aber auch sein. Ich kippte weg und zahlte brav und schleppte mich raus. Bei aller Liebe zur Vielfalt: Das hat Patagonien und das hat auch die Torstraße nicht verdient. Nie wieder – auch nicht zum Sonntagsbrunch für 4,90 Euro (vorher 6,90 Euro).
Ein Tisch. Ein Gast. Ein Laptop. Ein Tisch. Ein Gast. Ein Laptop. Ein Tisch. Ein Gast. Ein Laptop. Sankt Oberholz heißt mich willkommen. Das klingt bajuvarisch oder österreichisch. Ist es aber keineswegs. Es ist die Brut- und Speisestätte der vielbeschworenen und einmal durch alle Feuilletons durchgeprügelten neuen Arbeiterschicht bzw. derer „die es Arbeit nennen“ wahlweise auch der „digitalen Boheme“ oder irgend so einem Post-New-Economy-Kram. Vom Wir-Gefühl á la Friebe und Lobo ist nicht allzu viel zu spüren. Jeder werkelt eher für sich, googelt dort, twittert hier oder bloggt ein bisschen rum. Keine Ahnung ob was zwischen denen oder deren Rechnern läuft. Immerhin sind sich fast alle bei der Wahl des Laptop-Herstellers einig.
Wer was Echtes zum Blättern will, hat aus einer Fülle an Lifestylemagazinen die freie Auswahl. Fest steht: wenn es schon kein Gegenüber ist, muss irgendetwas anderes her: Leuten mit Laptop zuzusehen bringt´s nicht, notfalls eben Handy, Blackberry oder Ipod. Der gemütlichen Atmosphäre nimmt das Scrollen, Hochladen und Zuklappen glücklicherweise nichts. Die mondänen Twenty- und Thirtysomethings schauen freundlich drein, wenn sie von ihren portablen PCs aufblicken. Holz-Tische und Holz-Wendeltreppe verleihen dem Laden etwas ambivalent Gemütliches. Da jeder arbeitet, ist es eher leise, Jazz plätschert im Hintergrund. Ab und an traumwandelt eine Horde Gäste der umliegenden Hostel-Industrie herein. Dann wird es etwas lauter. Hinter der Theke demonstrieren die gutaussehenden Bediensteten jeglichen Geschlechts, wo an der Tor-Ecke-Rosenthaler-Straße das Style-Barometer hängt: ganz weit oben.
So lungern auch unter den Tischen vorzugsweise Röhren-Jeans mit Second-Hand-Sneakern oben drüber schauen Billy-Holiday-Brillen auf Flachbildschirme, während gepflegte Digitalarbeiter-Hände zwischendurch den Latte-Macchiato-Becher rühren oder die wirklich empfehlenswerten frischen Säfte (0,4 Liter für 3,50 Euro) zur Mundpartie führen – „ditte is Mitte!“ „Oder is ditte schon Munich?“ So schlecht jedenfalls is ditte nicht.
Nach einer Weile entscheide ich mich dann bei all´ den Bytes auch mal für ein paar Bits. Die raumfüllende Rundtheke bietet viel: Quiches, Pasta, Suppen, Brote, Panini, Kuchen – vorzugsweise selbstgemacht. Den Küchenkräften kann man auch draußen von der Torstraße aus durch ein Glasfenster zusehen. Das ist eine schöne Idee.
Die deftige Variante der Suppen-Vorkost wurde per Mund und nicht per Maus an der Theke geordert und auch brav nach oben transportiert, denn in Oberholz packen die Gäste selbst mit an. Ganz recht so, ein wenig Bewegung tut bei all den Netz-Exkursionen ganz gut. Mein Suppen-Exkurs (3,50 Euro) gestaltete sich dann doch schon fast als Hauptspeise. Große Tasse, feiner Kohl – kein grober westfälischer Wildwuchs – aber viiiel und dazu grob geschnittene Möhren- und Kartoffelwürfel mit leicht sämiger Suppe und einem Stück Fladenbrot als Attachement. Mittendrin kleingeschnittene Knacker, die ihrem Namen alle Ehre machten. Ja, das war gut und lecker und schon sehr sättigend und es durchbrach ein wenig die „auch Essen macht schön“-Attitüde einiger Gäste ohne dabei gleich aus der provinziellen Wurstküche zu stammen. Das wird direkt mal gebookmarkt.
Der alte Fritz (mit Manchego-Käse) musste in der Auslage bleiben, der stolze Heinrich machte das Rennen. Aber hinter den geschichtsträchtigen auf St. Oberholz und deutsche Wurzeln verweisenden Namen steckte alles andere als Hausmannskost. Vielmehr mutierte mein Heinrich eher zum Giancarlo. Fladenbrot mit Rucola, Serrano-Schinken, Aioli und eingelegten Paprika. Das ganze italo-hispanische Kombinat (3,20 Euro) wurde noch kurz lieblos aufgewärmt, dann konnte es losgehen. Geschmacklich war das alles dann doch eine herbe Enttäuschung. Trocken, dünn belegt und ohne jeglichen Effet diente es weniger als Speise denn als Magenfüller nach einem zehnstündigen PC-Battle. Schicker als Fast Food aber trotzdem nicht gut. Solche Fladenbrot-Stullen belege ich mir dann doch daheim mal besser selbst. Woher der Heinrich seinen Stolz nimmt blieb mir jedenfalls unklar – sowieso doof, diese Namen, da fehlt ja nur noch der böse Adolf.
Kaum hatte ich die deutschen Schurken hinter mir gelassen, gings auf nach Amerika. „NYC Cheesecake“. Also doch nicht Mitte oder Munich, sondern so global wie das Netz ist man hier in Oberholz, das eigentlich ja gar nicht auf einen Ort, sondern auf den Namen des Eigentümers verweist. Und dieser darf sich gerne mit gutem Kuchen rühmen, denn der Cheesecake bestach durch seinen überaus karamelligen mit Erdbeerscheibchen bestückten Boden, der Heinrich den Stolz raubte und ihn sanft aber bestimmt ins Abseits beförderte. Das war wirklich ein ganz famoser Kuchen (2,80 Euro) zu dem ich mir – wie es sich im Staate Oberholz gehört – noch einen großen Kaffee-Latte genehmigte. Als Kuchen-Location ist der Laden also absolut empfehlenswert. Und auch zum Rausgehen mit Freunden und zum Gucken wer da kommt, bevor die Rechenmaschinen sich öffnen, die Gesichter verhüllen und sie in ihrem etagenübergreifenden Datenbrei vereinnahmen. Ich komme wieder – auch ohne Laptop.
„Alte Seifenfabrik“ steht vorne drauf. Dudu ist drin. Hier ist nix alt oder antiquiert. „Up-to-date“, wenn Du weißt was ich meine. Kaum übertreten wir die Türschwelle sitzen wir auch schon auf Bänken. An einem dieser 8-Mann-Tische aus gut verarbeitetem Holz. In einer Horde sehr netter Berlin-Touristen – die eigentlich gar nicht so recht hier hin passt, in diesen Kreis der Connaisseure. Ansonsten passt hier vieles. Junges gut gekleidetes Personal und junges ähnlich gekleidetes Publikum bedienen das Mitte-Schubladendenken ganz gehörig. Es scheint ganz so als habe jemand das neueste Zoo- oder Vice-Magazin aufgemacht und habe die ganze Meute schnurstracks ins Dudu pilgern lassen. Auch das Interieur passt zusammen. Warmes Material, kein Schnick-Schnack, pro Tisch zwei Einzelblumen, an der Decke Glaskugelleuchter und ein paar Plastik-Goldfische. Ein Blick in die Karte stärkt den Eindruck, dass hier Grafiker, Inneinrichter und Chef de la cuisine gemeinsame Sache gemacht haben. Wichtiger als das gedruckte Papier ist die Tafel auf der drinnen wie auch draußen keine Spezialitäten, sondern Spontaneitäten feil geboten werden.
Ganz so spontan wie der Küchenmeister ist der vietnamesische Betreiber – ein zeitgemäß mit grauer Röhrenjeans langem Pulli und schlicht weißen Ledersneakern gekleideter geschätzter Endzwanziger - nicht. Den Wunsch Fotos zu machen ließ er sich zunächst von einer seiner jungen Damen – von denen wir im Laufe des Abends drei verschiedene kennen lernten – berichten, um dann zum persönlichen Gespräch zu bitten, um dann auf die Pressefotos zu verweisen. Das wiederum hatte wenig Stil. Aber: es soll halt irgendwie alles passen. Die Teller jedoch hatten nichts gegen mein Blitzlichtgewitter. Aber die Postergirls und Posterboys des Ladens hätten sich auf den Fotos auch ganz gut gemacht. Ehrlich gesagt hätte es mich auch nicht gewundert, wenn neben einigen b-prominenten Schauspielern auch Guido Westerwelle oder ähnliches aufgekreuzt wäre. Im neuen liberalen Lebensportfolio macht sich ein Dinner bei Dudu gewiss ganz gut. Genug geguckt und gedisst. „Iss´ was Junge“, rumort mein Magen. Also los.
Bei Spontaneität numero uno von Teller zu sprechen ist leicht untertrieben. Sechs in Reismantel gehüllte Stücke rohen Fisches kommen in einer Art Longtail-Porzellan-Boot daher geschippert. Das ist so lang dass es fast mit den anderen Booten auf dem Holztisch kollidiert. Balance ist gefragt. Das gilt auch für die Holzstäbchen mit denen man den ummantelten Tuna greift und in eine herrliche Rotwein-Soja-Sauce tunkt. Das freut den Tuna und meinen Gaumen. Das sieht gut aus. Was sonst. Schmeckt vorzüglich. Und die Rohheit des Fischs erweist sich bei aller Skepsis als großer Griff. Bei sechs Happen für amtliche 6,80 Euro wird allerdings spätestens nach dem vierten Balanceakt klar, dass der Spaß schnell ein Ende haben wird und dies nur der Anfang sein kann. Prädikat besonders wertvoll.
Es war einer dieser wilden ungezügelten Abende: Auf wilden Thunfisch folgten wilde Kräuter. Wie wild und aufregend, aber – zugegeben – auch nicht das größte Experiment und angesichts der everything-goes-Philosophie in Duduhausen wohl eher die sichere Nummer als der kulinarische Exzess mit allen Risiken aber auch allen möglichen Glücksgefühlen. Dezente sehr dünne, fast daher gehauchte Hähnchenbrustscheibchen treffen auf Koriander, Basilikum, Sprossen-Salat und Kokosmilch. Alles sehr mild, aber so gut aufeinander abgestimmt, dass jede Zutat Sinn macht und zur Geltung kommt. Dargeboten wird das „Fusion-Food“ – wie man hier sagt – in liebenswerter dünner Keramik aus südafrikanischen Produktionshäusern. Erneut ist das was fürs Auge. Klaro. Aber das ist wirklich hübsch und viel wärmer als all die vielen Pomade-Köpfe hier und ich lasse meinen Blick öfter auf die Keramik gleiten. „Ein Curry gibt´s hier immer“, verriet mir der vietnamesische Betreiber zwischen Maracuja-Saft und Teller zwei. „Das ist ne solide Wahl.“ Also, ein Hoch auf die Solidität. Das schmeckte und war mit 7,80 Euro genau so smart bepreist wie das Personal im Dudu gekleidet war. Wenn´s ein zweites Mal gibt, wäre das ne (solide) Option.
Bei aller Spontaneität – wenns um Nachtisch geht, hört im Reiche Dudu die Experimentierfreude auf. Die Zigarette danach bleibt ja schließlich auch immer die Zigarette danach. Man hat hier die Wahl zwischen einem süßen (Kuchen) oder einem eher herben (Grüntee-Eis) Ausklang. Ich entschied mich für die herbe Variante: Grüntee-Eis (3,80 Euro). Klang interessant, sah auch so aus, hielt geschmacklich aber nicht Wort. „Igitt, igitt, igitt“ waren die ersten Eindrücke. Löffel für Löffel wurde ich jedoch ein wenig warm mit dem Eis mitsamt seinen Mandeln und einem Spritzer Aprikosen-Jus - vor allem weil es so cremig war, dass die Zunge Loopings drehte. „So cremig ist es nur hier“, sagte Bedienung Nummer drei. Sie liebe dieses Eis. Das war ne ehrliche Ansage. Von Liebe will ich und kann ich nicht sprechen, dafür knallte der Tee zu sehr durch. Aber ich näherte mich dem Nachspiel im Dudu zögerlich aber zielsicher an, machte aus der Not eine Tugend – immerhin war es ja kalt – und sog dazu noch ein paar Eindrücke und Gesprächsfetzen des Mitte-Trubels auf. Ehrlich: Das Essen war toll und ist sein Geld wert. Meine Empfehlung: “Believe the hype, but don´t share it”.
Nochmal Currywurst. Drei Schritte weiter von der Fleischerei befindet sich nun auch seit einiger Zeit das Curry 122. Das Sortiment ist klar definiert. Mit oder ohne Darm, mit oder ohne Fritten, mit Ketchup oder mit Mayo, mit Cola oder mit Bier oder doch lieber Boulette oder Schnitzel - statt Wurst . Von außen lässt der Laden kein Fragen offen: Stehtische à la Curry 36, ein großes Fenster hinter dem Menschen eifrig Fritten in Ketchup-Mayo-Gemisch tunken, eine Werbetafel „Currywurst (oder Boulette), Pommes und Getränk 4 Euro“. Der Schriftzug über dem Fenster „Curry 122“ mit seinen zarten rot funkelnden Leuchtstreifen hat etwas Museales. Er würde sich bestimmt auch gut im Hamburger Bahnhof machen. Bei aller kulinarischen Schlichtheit grenzt das jedenfalls in diesem Kontext schon an moderne Kunst.
Ein erster Schritt durch die Tür schon raunt es „mit oder ohne“ über den Tresen. Auf ein „ich hab schon bestellt“ eines Kunden, prustet es „ich kann mir nur Gesichter von Frauen merken“ herüber. Lachen. Augenzwinkern. Würste umdrehen. Es ist die Atmosphäre die ich in so einer ehrlichen Curry-Schmiede erwarte. Es brutzelt. Es riecht. Es türmen sich Ketchup-Flaschen auf dem Tresen. Dahinter machen zwei Betreiber die Würste klar. Jeder der eintritt, weiß was er will und worauf er sich einlässt. Da stehen keine Gaukler, die vorgeben mehr zu haben als „Curry Pommes“. Da stehen ehrliche Handwerker, raue aber liebenswerte Gesellen. Es macht Spaß ihnen bei ihrer Arbeit zuzusehen und ihrer Mundart zuzuhören.
In die Soundkulisse der Friteuse dudeln Rock-Riffs - immerhin MotorFM - aus einem Radio im frisch erworbenen Ikea-Real in dem sich auch Kisten voller Zeitschriften befinden. Es wird aufgespießt, gelesen geguckt und ein wenig rumgeprollt. Immer nett, nie richtig bösartig, sondern meistens ehrlich und lustig. Das Augenzwinkern ist bei aller Derbheit immer mit im Raum. Das macht es angenehm.
Zwischendrin mal ein unvorsichtiges „Egal“ eines Kunden auf die obligatorisch dahin gefauchte „Mit oder ohne“-Frage und ein liebenswertes „Egal hab ich nicht“ als Antwort. Der Laden hat was. Er hat Stil, ist wenig aufgesetzt, trotzdem ehr sauber und nicht allzu fetttriefend. Mir gefällts. Ich nehme das Menü (4 Euro). Ohne Darm. „Geht klar!“
Kross. Salzig. Sehr gut abgetropft. Nicht zu fettig. Die Pommes schmecken so wie sie schmecken sollten. Die Portion ist groß. Die Mayo (20 Cent extra) gut. Man darf mit Fingern essen, kann aber auch den Holzspießer wählen. Wenn man Pommes hier hin der Gegend will, dann macht man hiermit nix falsch.
Ich entscheide mich für die Variante ohne Darm, weil mir als Nicht-Berliner „Mit-Darm“ immer noch schwer über die Lippen geht. Ich könnte wählen zwischen einem Schärfelevel von 1-5, teste aber zunächst einmal den Standard, um zu wissen was die Theke hier unter scharf versteht. Die Wurst ist knackig, bissfest und würzig. Kein halber Meter wie dieser ganze überdefinierte Volksfest-Kram. In der Kürze liegt die Würze. Berliner Currywurst. Hauptstadt-Wurst. Diese teilt sich in sieben Happen. Zwei runde Endstücke, fünf Mittel-Teile. Das wars. Das Currypulver kommt gut zur Geltung. Das Ketchup ist nicht zu süß. Nur etwas schärfer darf es beim nächsten Mal sein. Aber das hat man als Kunde ja hier selbst in der Hand. Die Currywurst erfüllt alle Erwartungen die die Aussprache dieses Worts weckt.
Die war dann doch nötig. Bei allem Salz, Curry, Frittenfett. 0,2 Liter sind schnell durch den Strohhalm gezogen. „Light“ gab es fürs gute Gewissen. Auch wenn ich finde, dass man beim Besuch einer solchen authentischen Currybude sowieso seine Gewissensfragen am Straßenrand parken oder aber erst gar nicht eintreten sollte. Mir gefielen die Jungs und ihr Bratfett. Mir gefallen die schlichten Gerichte und mir sagte auch das ehrliche Rumgeprolle zu. Besser so, als sich mit einer Wurst samt Schampus in einer dieser Lifestyle-Curry-Schuppen die Yuppie-Augenbrauen nachzuziehen und sich bei der krassen Aalglattheit ein wenig Street-Credibility zu verleihen. It´s all fake! Curry 122 war echt und ehrlich. Deswegen gab´s ein ehrliches „Danke, war lecker“. „Yo, danke Mann bis zum nächsten Mal“, raunte es zurück. Hart aber herzlich. Guter Laden.
Aufruhr im Niedrigpreissegment der Torstraße: Die Würste machen aktuell den Sushis den Garaus. Während die nimmermüden Reis-Bastler mit Non-Stop-50-Prozent-Rabatt-Aktionen die Wanderbewegungen der Hostel-Kids, Pfennigfuchser und Hauptsache-Satt-Esser zu stoppen versuchen, halten die Grillmeister mit Großaufgebot dagegen. Gleich zwei Läden bringen nun auf 200 Metern Torstraße die Wurst zurück auf den Asphalt. Einer davon ist die Fleischerei, Hausnummer 116. Allein das auszusprechen raubt schon den Appetit - ersetzt doch diese wurstdefinierte Fleischerei die bunte Fleischerei in der sich vor einiger Zeit noch Siebdrucker, Künstler, Street-Art-Aktivisten tummelten und mit Kunst hinter der Fleischertheke erfreuten. Mit Kreativität hat dieser Wurstladen nun nur noch sehr wenig zu tun. Eher mit Gotteslästerung. Auch wenn man in Sachen Namensgebung alles gibt: Doppelpack-Menü, Bockwurst-Menü, Männer-Menü XL oder das „7 Raben“ Menü für die Kleinen. Zugleich gibt man sich hier abscheulich traditionsbewusst, war doch bis 1999 ein ähnlich gearteter Laden hier zu finden, bevor die böse bunte schrille Kunst kam.
Nun gibt es Wurst als Bock-, Brat-, Curry- oder „Ruhrpott-Variante von Dönninghaus“. Es gibt Pommes mit Belgischer Mayo, Honig/Senf Mayo oder Ketchup. Es gibt fabrikeigenen Nudel-, fabrikeigenen Kartoffel- und hausgemachten Krautsalat. Außerdem gibt es jede Menge Sitzplätze: Holzhocker: in Hoch und in Klein, an Tischen mit rot flackernden kleinen Kerzen. Schmuckstück der bourgeoisen Bratstube: eine Orchidee an der peinlicherweise noch das Produktetikett hängt. Dazu: undefinierbares 0815-Pop-Geseier. Das ist nicht lustig, nicht urig und noch nicht einmal fettig. Es wirkt steril und es verwundert nicht, dass neben frisch gezapftem Bier auch eine Flasche Champagner für 89 Euro als Getränk angeboten wird. Ehrlich: Da ist mir die Wurstebude um die Ecke mit dicken Damen, Bauarbeiter-Klientel und beschmutzten Schürzen lieber als dieser wurstgewordene Yuppie-Wahnsinn in viel zu großen Räumlichkeiten. Sowieso: Wenn Kunst der Wurst mit Schampus weichen muss, höre ich die Gentrifizierung ganz schön laut trapsen. Soziologieseminar, bitte übernehmen Sie! Auch frage ich mich wieso die Kombination aus zwei Currywürsten oder Bouletten, einer großen Pommes und einem Bier hier „Männermenü XL“ heißt. Eigentlich ist es mir wurscht, aber auch das würde so manche Gender-Debatte im Soziologieseminar gewiss beflügeln.
Genug um den heißen Brei herum geredet: „Wir servieren Wurst“, hat sich der Betreiber als Motto ausgedacht. Also, bitte!
Wenn schon hier etwas hausgemacht ist, dann muss es her. Einziges Exponat in dieser Reihe: Krautsalat. Dieser (1,70 Euro) kam bestückt mit jeder Menge Kümmel, einem angenehm scharfen Drive und wirklich sehr frisch. Das war schmackhaft, leicht und zudem auch sehr günstig. Der Essig war gut dosiert. Nicht zu viel, nicht zu wenig. Bei all der Wurst und all den Saucen machte das Kraut wahrhaftig Laune. Das hätte der Grieche um die Ecke nicht besser gekonnt.
Der Klassiker musste natürlich auf den Holztisch. Mr. Wurst hielt Wort und servierte ihn höchstpersönlich auf einem stilecht mit weißem Papier bedeckten schneeweißen Teller. Voilá: die Wurst! Berlin-Style (1,60 Euro)! Ich manschte, tunkte und kombinierte. Wurst. Wurst mit Pommes. Pommes (1,60 Euro) mit Mayo (0,20 Euro). Pommes mit Ketchup und Mayo. Die ganze Palette. Die Pommes waren sehr gut und vor allem wenig fettig, sondern knusprig. Nur der belgische Mayo-Import reichte leider nicht aus. Auch die Wurst war sehr solide, gut gewürzt, nicht überbraten und kürzer als in anderen Regionen – ganz die Berliner Schule. Ich konnte trotz Yuppie-Flair und Gentrifizierung nicht meckern. Kulinarisch war es, sofern man Wurst will, okay. Ich musste ja und bereute es nicht.
Nach dem Mahl verbrachte ich die Zeit damit, das ehemals kreative Flair des Ladens aufleben zu lassen. Ich malte, ausgestattet mit Messer und Gabel, kleine rote Kunstwerke auf das weiße Papier. Grimassen, Parolen, Wurstwaren. Dieter Roth hätte seine Freude an diesen Ketchup-Bildern gehabt und auch an den Wänden hätten sich diese, den Umständen trotzenden, Mini-Gemälde gut gemacht. Ich fürchte nur der Sinn der jetzigen Betreiber für solche „Kindereien“ ist verflogen.
Aus Respekt vor der Wurst und weil der Speiseplan der Fleischereizunft ohnehin keinen Nachtisch vorsieht, habe ich mir eine Hälfte das leckeren Krautsalats (1,70 Euro) aufgespart. Ich wischte mir also die Ketchup- und Curryspuren von der Backe und gönnte mir noch einen Happen Hausgemachtes, bevor ich noch einen wehmütigen Blick auf das Interieur warf, dem Shop-Betreiber anerkennend zunickte, meine Kunstwerke zu den Pommes-Resten in die Tonne warf, brav mein Geschirr zurück brachte, gesenkten Hauptes den Laden verließ und mich auf zum wundersamen Oldseed-Konzert ins wunderbare Hans Wurst Café machte. Als mich auf dem Weg ein Straßenpunk auf einen Euro anpumpte, griff ich zur Tasche und gab ihm zwei.
Mein erster Gedanke, als ich in das Adonis eintrete ist, wie sich das anfühlen muss, mit so einem T-Shirt. Violett, kurzärmelig, ein wenig flatterig und dann vorne klein und hinten ganz groß gedruckt: ADONIS. Der Liebesgott. Der Über-Lover. Das weckt Erwartungen. Nicht schlecht, aus westeuropäischer Sicht, sich so – als Mann – seinen Kunden zu präsentieren. Gleich drei vermutlich libanesische Bedienstete erscheinen uns gleich im Adonis-Aufzug: wetzen die Messer für Schawarma, feuern das Frittierfett für die Falafel an oder nehmen sich Zeit für einen Schluck Tee. Sonst ist nichts los hier. Eigentlich erstaunlich. Schließlich befindet sich das Adonis mitten im Melting Pot der Torstraße, der Kreuzung am Rosenthaler Platz. Schon längst habe ich eine Wette laufen, dass sich die vielen Imbisse hier bald zweigeschossig ansiedeln. Es ist fast so als wäre diese unschöne Kreuzung eine einzige große Fritteuse in die, je nach Ausrichtung, Teigbällchen, Fritten, Currywürste oder auch - zur Abwechslung - Gemüsehappen geschleudert werden. Bei allen Heimatgefühlen für diesen Straßenzug - wenn der ein oder andere Laden mal schließen würde, wäre es gewiss kein allzu großer Verlust.
Adonis jedenfalls kommt aus dem Libanon. Das übliche Sortiment Hummus, Falafel, Schawarma, Tabulieh (Petersiliensalat), Halloumi-Käse wird hier in einem etwas angestaubten Ambiente dem Fußvolk angeboten. Tritt man ein, steht man schon vor dem Tresen, links, am Fenster zur Straße befindet sich ein erster Tisch. Weitere Sitzmöglichkeiten befinden sich im hinteren eher dunklen Bereich der kleinen Speisestätte. Es ist definitiv kein Laden zum Bleiben sondern eher einer zum auf die Hand nehmen und Gehen. Wir bleiben trotzdem und setzen uns ins Fenster.
Ob viele Leute kommen und mitnehmen, bezweifele ich beim Blick in die Auslage und auf den Tresen. Das Gemüse sieht schon etwas angeschrumpelt aus, die Hummus-Paste klebt in der Auflaufform und wartet darauf von einem letzen Kunden ausgekratzt zu werden, um endlich erneuert werden zu können, die Schawarma-Fleischlagen brutzeln so vor sich und auch am Rand des Frittiertopfes warten vorgeformte und anfrittierte Falafel-Bällchen schon lange darauf, endlich vom Stubenhocker-Dasein befreit zu werden und ihren Weg in die Speiseröhre hungriger Mitte-Menschen zu finden.
Das Adonis brummt nicht gerade an diesem Abend. Wir, meine Agentin Aneta und ich, sind die einzigen Kunden. Das wiederum führte bei den Betreibern nicht zwangsläufig dazu uns überaus freundlich zu empfangen. Die Herren pflegen einen sachlichen Umgang, auch wenn sie eigentlich dankbar sein sollten, dass wir uns bei all den Alternativen rund um den Rosenthaler Platz, der größten Fritteuse Berlins, für die Adonis-Boys entschieden haben. Auf Musik wird an diesem Abend schon einmal ganz verzichtet.
Soft einsteigen lautete die Devise. Tabulieh. Petersiliensalat. Den konnte man schon hinter dem Tresen-Glas bestaunen. Bestellt kommt das grüne Gemisch (3 Euro) aus Petersilie, Tomatenstückchen, Gewürzen und Zwiebeln dann auf einem kleinen rundlichen Teller mit reichlich Zitrone und Essig angerichtet. Sauer macht lustig haben sich die finsteren Herren dabei wohl gedacht. Denn sauer ist ziemlich untertrieben. Zitrone und Essig tun ihr bestes, um mich am Verzehr dieser Einstiegsspeise zu hindern. Ein Stückchen Brot zu der beißend sauren Speise, die zwar gesund sein mag, aber nicht mehr durchweg genießbar ist, hätte gut getan. Stattdessen versuche ich mit mickrigen Bissen die Speise in den Griff bzw. in den Mund zu kriegen. Nachdem ich in kleinen Happen zwei Drittel verzehrt hatte, gebe ich auf und schiebe den Teller weg. Das war genug. Misslungener Auftakt.
Schon klar: Falafel ist nicht das große Experiment, aber immerhin ist es vergleichbar. Und sowieso konnte ich die nach Fett und Hitze gierenden Kugeln am Rande des Frittiertopfes einfach nicht mehr ansehen. Also: rein in den Sud, raus in den Teig, bisschen Salat, ein Stückchen Rote Beete und zwei Spritzer Joghurt-Sauce drauf: Fertig ist das Falafel-Sandwich. Mit drei Euro bewegt sich der Preis bei der Mitte-Konkurrenz eher im höheren Bereich. Das gibt´s ja selbst auf der Kastanienallee preiswerter, meine Herren! Vermutlich ist da aber mehr los als im Adonis und man kann es sich leisten - Teufelskreis, ick hör dir trapsen. Geschmacklich gibt’s nix großes auszusetzen, aber auch nichts zu bewundern. Die Joghurt-Sauce ist gut und leicht - viel besser als das oft übliche Sesam-Topping – der Teig ist zumindest dünn, der Salat einigermaßen okay. Insgesamt ist das keine große kulinarische Erfüllung. Eher eine Speise die man sich auf dem Weg zur oder für den Weg zurück von der Party einwirft. Ein Essen vor zwischen oder nach dem Bierkonsum, wenn es mal kein Fleischgericht sein soll. Eine erste Grundlage, die es aber jenseits der Torstraße zigmal besser und frischer zubereitet gibt. Ein Sattmacher für den Pubcrawl oder ähnliche denkwürdige Viertel-Aktivitäten.
Süße Besänftigung war also nach den beiden Speisen dringend notwendig. Ich will ja auch den Testosteron-Typen aus dem Adonis kein Unrecht tun. Also nix riskieren und schnell ein Pistazien-Blätterteig-Gebäck (1,20 Euro) ordern, Klappe halten und sich dem Zuckerkick hingeben. Der kam dann auch schnell. Klein aber oho. Dünne Blätterteig-Schichten, Pistazien-Krümel und „Honig, Honig, Honig“ ergeben eine gute Mischung, die zwar den Zähnen keinen Spaß macht, aber dafür dem Gaumen. Das Baklava versucht alles um die schlechte Stimmung im Adonis zu heben. Ein süßer Ausklang, ein smartes Finale, ein Geschmackmacher – wenn der Geschmack nicht zu diesem Zeitpunkt schon verdorben wäre. Bei mir reicht es nicht. Ich erfreue mich an den süßen Explosionen. Freu mich dazu noch daran, dass man im Adonis sogar die Junge Welt lesen kann – deutlich frischer als die Berliner Morgenpost oder Kurier oder all diese schräg-journalistischen Hauptstadt-Auswüchse die ich hier erwartet hätte. Ich schließe für einen Moment meinen Frieden mit dem Laden, schließe aber auch die Tür mit der unbestätigten Annahme, dass die Qualitäten der Adonis-Brüder vielleicht eher auf einem anderen Gebiet liegen, als in der Zubereitung von Sesambällchen und Petersiliensalat…